Den Mut behalten

Dani stört immer wieder den Unterricht mit Zwischenrufen. Mit den KlassenkameradInnen ist er oft im Streit. Die Arbeiten erledigt er nicht oder ungenügend. Ich bin verzweifelt. Ich probiere es mit Strafen, mit Belohnungen. Ich suche das Gespräch, versuche bei ihm Verständnis zu wecken. Erfolglos. Ich beginne umzudeuten: Er braucht dieses Abwesendsein, damit er zu sich kommen kann, und auch dass er sich zu spüren lernt. Das kann er nämlich in seinem Elternhaus nicht. Ich sage ihm, dass ich Verständnis habe für seine Situation und dass er von nun an seinen eigenen Rhythmus finden soll. Er soll spüren lernen, wann er was tun kann und will. Ich biete ihm weitere Hilfestellungen an. Einige Tage geht es gut, aber dann wird es eher noch schlimmer. Er verweigert sich noch mehr. Ich weiss nicht mehr weiter ...

Oft erscheinen ökosystemische Techniken wie Wundermittel. Es ist jedoch so, dass es eben auch immer wieder nicht geht. Da ist es wichtig, den Mut zu behalten und nicht aufzugeben. Aber wie soll das gehen? Hier einige Ideen.

Rückfälle vorhersagen

Rückfälle sind normal
Veränderungen dauern oft an. Aber häufig ist es auch so, dass es Rückfälle gibt. Dafür kann es viele Gründe geben. Wenn es dabei gelingt, die Rückfälle als Teil des Veränderungsprozesses zu sehen, ist schon viel gewonnen. Dann werden Rückfälle zu Zeichen, die anzeigen, dass die Veränderung auf gutem Wege ist und wir nicht beunruhigt sein müssen.

Rückfälle vorhersagen
Wenn wir die Haltung einnehmen können, dass Rückfälle normal sind, können wir dieses Wissen gezielt einsetzen. Es ist ja wirklich nicht einfach, alte Gewohnheiten abzulegen! Durch die Vorhersage eines Rückfalles können Veränderungen unterstützt werden. Mit einer Botschaft wie „Es ist ganz normal, dass es dir nach einiger Zeit nicht mehr einfällt, was wir abgemacht haben und ich weiss, dass du mir damit auch etwas Wichtiges zeigst.“ wird dem Rückfall viel Kraft genommen und er gehört zum Veränderungsprozess. Die Rückfallvorhersage fördert die Fortführung der positiven Entwicklung.

Rückfälle vorhersagen ist eine Umdeutung
Die „normale“ Haltung zu Rückfällen ist oft: Jetzt hat es nicht geklappt und wir werden entmutigt. Einen Rückfall deuten wir häufig als misslungenen Versuch zur Veränderung. Er zeigt uns an, dass wir etwas anders machen sollten.

Durch die Umdeutung, dass Rückfälle eben nicht negativ zu deuten sind, sondern wichtige positive Marksteine auf dem Weg zur Veränderung, wird der Veränderungsprozess eben nicht unterbrochen, sondern verstärkt.

Ein Beispiel des Rückfallvorhersagens
André könnte gut arbeiten. Oft verbringt er jedoch seine Arbeitszeit mit Ordnen seiner Dinge. Die Lehrerin hat schon viel ausprobiert, ohne Erfolg zu haben. Schliesslich deutete sie die Situation mit Erfolg um: Sie sagte André, er solle sich für das Ordnen soviel Zeit lassen, wie er brauche, weil sie sehe, dass es für ihn wichtig sei und er dies viel besser mache als all die andern Schülerinnen und Schüler. Von dem Moment an wurden die Ordnungszeiten immer kürzer, die Arbeitszeiten immer länger.

Nach drei Tagen sagte die Lehrerin zu ihm, ihr sei aufgefallen, wie gut und viel er momentan arbeite. Sie könne sich aber gut vorstellen, dass er eben schon noch Zeit für das Ordnen brauchen würde. Das sei ganz normal und er soll sich dann eben die Zeit dafür wieder nehmen. (nach Molnar/Lindquist, S.171)

Für das Dranbleiben

Neben dem Vorhersagen von Rückfällen gibt es weitere Verhaltensweisen, die sich als nützlich erweisen, wenn ökosystemisch gearbeitet wird.

Klein anfangen
In Ökosystemen führen kleine Veränderungen manchmal zu ungeahnten Resultaten. Mit diesem Bewusstsein ist klar, dass es Sinn macht, mit kleinen Dingen zu beginnen. Es lohnt sich auch, nicht gerade mit dem grössten Problem in der Klasse oder mit den Eltern zu beginnen.

Die Auswahl des Problems, welches am leichtesten lösbar erscheint, gibt eine gute Chance auf Erfolg. Mit zunehmender Sicherheit im Umgang mit ökosystemischen Techniken werden dann auch die fast „unlösbaren“ Probleme angegangen.

Langsam vorwärts gehen
Es ist nützlich, zu Beginn Techniken auszuwählen, die einem „liegen“. Aber da wir wissen, dass es gar nicht so einfach ist, übliche Verhalten zu verändern – auch bei uns selber! – ist ein langsames Vorgehen sehr empfehlenswert.

Einen Plan entwickeln
Man ist im Kurs, sieht, wie super so eine Idee ist, kommt dann zurück in den Schulalltag und oft dauert es nicht lange, und das im Kurs Gelernte gehört zur passiven eigenen Geschichte! Als Lehrkräfte sind wir EinzelkämpferInnen, viele Dinge sind jeweils wichtig und zu tun. Wie sollen wir denn da dran bleiben?

Den Kindern geben wir manchmal die Idee zu Eselbrücken um sich etwas zu merken oder dran zu bleiben. Welche Eselbrücke nützt uns zum Dranbleiben? Mit welchem Plan können wir uns „dran“ behalten? Es lohnt sich, dies genau zu überlegen und zu planen.

Nützliche Hilfestellungen
Einige Hilfestellungen und Ideen aus dem Buch von Molnar/Lindquist:ein Lerntagebuch führeneinen Behälter auf das eigene Pult stellen mit der Aufschrift: ökosystemische Techniken, und darin Kurzbeschreibungen aufbewahren oder jedes Mal eine Murmel hinein werfen, wenn eine Technik angewandt wurdeSchilder aufhängen, die erinnern (z.B. Deute nicht sie um – deute dich selber um!)Poster aufhängen, die an ökosystemische Verhalten erinnernWandkalender machen, in welchem ökosystemische Verhalten und Ideen beschrieben werden, ev. auch nur mit einzelnen Schlüsselwörternmit den Kindern zusammen jede Woche eine Umdeutung diskutieren, die für die Klasse gut sein könnte (so werden auch die Kinder mit diesen Ideen vertraut)Backen von Glückskeksen mit ökosystemischen Botschaften
Berater hinzu ziehen
Manchmal, oder auch öfter (!), tut es uns gut, die Ideen mit einem Berater oder einer Beraterin zu besprechen und zusammen Lösungen zu finden.

Mit andern austauschen - Beratungsgruppe
Ein regelmässiger Austausch mit Menschen, die an ähnlichen Themen interessiert sind, kann sehr motivierend sein. Je nachdem zu welchem Lerntyp Menschen gehören, ist der Austausch mit andern Menschen sehr effektiv. Oft lernt man auch aus Erzählungen anderer.

Bücher lesen
Wer eher über die Schrift und autodidaktisch interessiert ist, für den gibt es einige Bücher zum Thema.

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