Nachkonstruktionen

............................................. DER SYSTEMISCHEN THEORIE*


Menschen sind nicht, sie verhalten sich
Die Idee ist, dass Menschen sich in unterschiedlichen Systemen unterschiedlich verhalten. Das haben Sie sicherlich auch schon erlebt. Je nachdem, welche Menschen Sie um sich haben, sind Sie gesprächsfreudiger, offener, direkter usw. Das bedeutet, dass Menschen nicht einfach "sind", sie verhalten sich. Je nach System unterschiedlich.

Zirkuläres Denken
Wir kennen das: Wenn etwas geschehen ist, suchen wir nach Ursachen. Heinz von Foerster beschreibt das mit der Geschichte des Automechanikers, den er einen Trivialisateur nennt. Dieser hat die triviale Maschine Auto vor sich und kann ziemlich genau herausfinden, was die Ursache einer Störung ist. In lebenden Systemen ist das nicht so: Da haben wir sogenannte nichttriviale Maschinen vor uns. Da geschieht ganz wenig im linear-kausalen Strukturen. Systemisch denkende Menschen denken "im Kreis". Alles ist mit allem vernetzt, alles hat auf alles einen Einfluss. (Radatz S. 64)

Es gibt kein richtig oder falsch
Es gibt Verhaltensweisen, die in einem System passend oder unpassend sind. Passend oder unpassend zur jeweiligen Kultur, zur jeweiligen Situation usw. Sie hatten es mit der letzten Klasse doch so einfach. Nun mit der neuen "passen" einfach viele der bewährten Mittel nicht mehr. Was nun? Oder meine Erfahrungen in Mathematik: Da hatte ich einen Lehrer, den verstand ich einfach nicht. Es passte nicht. Resultat eine Drei. Zum Glück kam nach einem Jahr eine Lehrerin, die wirklich meine Sprache sprach. In kürzester Zeit war ich wieder auf einer Fünf. (Noten nach Schweizer Notengebung!)

Wie entlastend kann diese Erkenntnis doch sein!

Ziele und Lösungen sind nützlich
Das Suchen nach Ursachen oder Schuldigen löst selten oder nie Probleme. Systemisch geschehen kann da ja auch nichts mehr "gehen". Es ist vorbei. Wesentlich nützlicher ist es, den Blick nach vorne zu richten. Dass dabei durchaus auch Lösungen der Vergangenheit helfen können ist klar. Es hat sich gezeigt, dass meist dort etwas geschieht, wo die Aufmerksamkeit hin geht. In Zielformulierungen und Lösungsfindungen geht die Aufmerksamkeit in die gewünschte passende und lebenswertere Richtung.

Im Schulalltag wird oft verbessert und verbessert. Ob es da nicht zieldienlichere Lösungen gäbe? Lösungen mit Blick nach vorn ...

Der Prozess ist wichtig
Gerade im Schulalltag ist es immer wieder so, dass wir es doch gerne "einmal gesagt" hätten - und dann wäre alles erledigt. Wenn wir mir lebenden Systemen arbeiten, und das tun wir !, wird es wohl kaum einen definitiven Endzustand geben. Wir Lehrpersonen sind immer dran, den Prozess zu begleiten. In diesem Zusammenhang auch wieder mal zu sagen: Rückfälle sind normal!

"Verstörungen" können helfen Probleme zu lösen
Aus systemischem Denken heraus haben Menschen, die ein Problem erzeugen, alle Voraussetzungen, um dieses Problem auch zu lösen. Durch ihre praktizierten Denkmuster in der Problemsicht und die gleichzeitige Ausschaltung aller anderen möglichen Denkmuster findet der Mensch sich jedoch - einem Hamster gleich - in einem Rad, das er immer wieder durchläuft udn aus dem er keinen Ausweg findet. Er braucht daher eine "hilfreiche" Verstörung von aussen, um aus bisherigen Denkschemata auszubrechen und ein neues, erfolgversprechendes Denkmuster anwenden zu können. (Radatz, S. 75)

Aus meinem Schulalltag: Meine Sonderschüler wollten mir einmal nicht mehr zuhören. Ich merkte, dass ich mit den "üblichen" Methoden nicht ankam. So öffnete ich das Fenster und begann mit dem Baum draussen zu reden. - Plötzlich wurde es ganz still im Zimmer. Jedes Mal, wenn ich wieder Probleme mit dem Stillsein hatte, ging ich zum Fenster. Das war relativ lange Zeit eine gute Verstörung.


* Einige Themen hier in Anlehnung an Sonja Radatz in ihrem Buch "Beratung ohne Ratschlag"