Glossar

Die Begriffe im Umfeld der Systemtheorie sind immer wieder auch Konstruktionen. Verschiedene Wissenschaftler füllen die Begriffe teilweise mit unterschiedlichen Inhalten. Trotzdem glaube ich eine Grundrichtung erkennen zu können, die verbindend sein könnte. Hier versuche ich einige Begriffe aufzuführen und so zu klären, wie ich denke, dass sie "passend" sind. Andere Meinungen, Haltungen, Ideen sind ausdrücklich erwünscht. Ich freue mich auf ein Feedback.

Maturana und Varela
Ich habe es nur teilweise gelesen, es ist so dicht: Das Buch "Der Baum der Erkenntnis". An den beiden Wissenschaftlern kommt man kaum vorbei, wenn man sich mit Systemtheorie beschäftigt, drum seien sie hier aufgeführt. Maturana ist Biologe, Varela Neurophysiologe. Die beiden versuchten eine Vielzahl von Disziplinen universalisierend zu betrachten und zu beschreiben. Dies wurde das Fundament von weiteren Forschungen, die sich in verschiedenen Ausprägungen der Systemtheorie zeigt.

Autopoiesis
Lebewesen sind Systeme, die bestrebt sind, sich so organisieren, dass sie sich selbst erzeugen und erhalten. Diese Systeme sind sogenannt operational geschlossen. Sie sind immer bestrebt, sich zu erhalten. Dies unabhängig von ihrer Umwelt.

Innerhalb der Systeme kann sich die Struktur jedoch immer wieder verändern. Es darf einfach nicht so weit kommen, dass sich auch die Organisationsform verändert. Das würde den Tod des Systems bewirken.

Menschen und Teile von Menschen, wie zu Beispiel das Gehirn, sind autopoietisch organisiert.

selbstreferentiell
Systeme sind zwar operationell geschlossen, aber dennoch auf die Umwelt angewiesen. Sie beziehen ihre materiellen und energetischen Ressourcen auch von der Umwelt. Es wird jedoch nur das aufgenommen, was für die Selbsterhaltung notwendig und nützlich ist.

Autopoietische Systeme sind nicht direkt und gezielt beeinflussbar
Dies finde ich eine entscheidende Erkenntnis für die Schule: Die autopoietischen Systeme der Schülerinnen und Schüler können wir nicht mit "Erziehung" direkt beeinflussen. Autopoietische Systeme kann man jedoch irritieren. Das heisst, wir können den Schülerinnen und Schülern Angebote machen, die sie irritieren, die vielleicht ihre Neugierde wecken. Was diese jedoch damit machen, entzieht sich unserem Einfluss. Je nachdem, wie ihr inneres System gebaut ist, werden sie das aufnehmen, was sie brauchen können.

Strukturelle Kopplung
System und Umwelt stehen zueinander in einer geregelten Interaktionsbeziehung. Sie stellen füreinander eine permanente Quelle von Irritationen dar, die beim jeweils anderen Strukturveränderungen auslösen kann. Verfestigen sich diese Interaktionen sprechen Maturana und Varela von struktureller Kopplung.

Durch die Kopplung einzelner Systeme entsteht ein neues System, das wiederum autopoietisch organisiert ist.

(Dieser Text stammt aus Hagemann, Rottmann, Selbstsupervision für Lehrende)

Psychische Systeme
Sind autopoietisch organisiert. Sie produzieren fortlaufend Gedanken aus Gedanken.

Soziale Systeme
Sind ebenfalls autopoietisch organisiert. Sie produzieren fortlaufend Kommunikation aus Kommunikation.

Komplexitätsreduktion
Die Welt, wie sie daher kommt, überfordert die Aufnahmefähigkeit der menschlichen Systeme. Es gibt immer mehr Möglichkeiten als verwirklicht werden könnten. Deshalb ist es notwendig, dass die Menschen die Komplexität reduzieren. Sie neigen dazu Nichtlineares und Komplexes linear aufzunehmen und zu deuten. Diese Deutung geschieht wieder selbstreferenziell. Die eigenen Erfahrungen, Deutungen und Erkenntnisse tragen entscheidend dazu bei, wie diese Reduktion geschieht.


Menschen, die hier im Text erwähnt werden, haben Bücher geschrieben. Sie finden diese Bücher unter Buchtipps auf dieser Homepage.