Grundlagen

Inhalte auf dieser Seite:

Humanistische Psychologie: Carl Rogers
Humanistische Psychologie: Ruth Cohn, TZI
Der Mensch als subjektiver Theoretiker
Gesprächsfertigkeiten
Parallelitätsannahme

Quelle: Jörg Schlee, Veränderung Subjektiver Theorien durch Kollegiale Beratung und Supervision (KoBeSu) in Schlee/Mutzeck Kollegiale Supervision

Humanistische Psychologie: Carl Rogers

Carl Rogers gilt als einer der Väter der Humanistischen Psychologie. Seine klientenzentrierte Gesprächstherapie zeichnete sich aus durch:
- Echtheit (Real-Sein)
- Empathie (einfühlendes Verständnis)
- Wertschätzung, Anerkennung, Vertrauen

Einige Titel seiner Bücher zeigen ebenfalls die Richtung seiner Ideen an:
- Die nicht-direktive Beratung
- Entwicklung der Persönlichkeit
- Lernen in Freiheit
- Freiheit und Engagement - Personenzentriertes Lehren und Lernen
- Die Kraft des Guten

Und schliesslich noch einige Aussagen zum Personen zentrierten Ansatz:
- Dem Mensch wird zugetraut, für sich selbst denken und lernen zu können.
- Die Verantwortung für den Lernprozess tragen die lernenden Personen.
- Für die Zielerreichung notwendige Disziplin ist eine Selbstdisziplin, für welche die Menschen selber die Verantwortung tragen.
- Lernen geschieht aus eigenem inneren Antrieb.
- Am persönlich engagierten Lernen ist die ganze Person beteiligt.
- Das Bewerten des Lernprozesses liegt im Lernenden selber.
- Lernen ist im Jetzt von Bedeutung. Die Art des Lernens ist stimmig und deshalb sinnvoll und gut.
- ...

Humanistische Psychologie: Ruth Cohn, TZI

Die von Ruth Cohn entwickelte TZI geht von einigen nützlichen Grundannahmen aus, die für das Zusammenleben und die Kommunikation von Menschen von Bedeutung sind.

Ruth Cohn wurde 1912 in Berlin geboren, studierte Psychologie und Literatur, emigrierte in den 30iger Jahren in die Schweiz, später in die USA. Ihre Idee war, dass die Erfahrungen auf der Couch nicht nur Bemittelten und Privilegierten ermöglicht wird (Hintergrund waren für sie auch die vielen Leiden im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus).

-- > Axiome

1.
Der Mensch ist eine psycho-biologische Einheit. Er ist auch Teil des Universums. Er ist darum autonom und interdependent. Autonomie (Eigenständigkeit) wächst mit dem Bewusstsein der Interdependenz (Allverbundenheit).

2. Ehrfurcht gebührt allem Lebendigen und seinem Wachstum. Respekt vor dem Wachstum bedingt bewertende Entscheidungen. Das Humane ist wertvoll; Inhumanes ist wertbedrohend.

Freie Entscheidung geschieht innerhalb bedingender innerer und äusserer Grenzen. Erweiterung dieser Grenzen ist möglich.

3. Aus diesen Axiomen leiten sich Postulate ab: sie sind Forderungen auf der Basis des Paradox der Freiheit in Bedingtheit. Wir müssen sie befolgen: mangelnde Bewusstheit und mangelnde Handlungsbereitschaft sind Kennzeichen persönlicher und sozialer Krankheit.

-- > Postulate

Sei dein eigener Chairman, der Chairman deiner selbst.
Das bedeutet:
a) Sei dir deiner inneren Gegebenheiten und deiner Umwelt bewusst.
b) Nimm jede Situation als Angebot für deine Entscheidungen. Nimm und gib, wie du es verantwortlich für dich selbst und andere willst.

Störungen haben Vorrang.
Beachte Hindernisse auf deinem Weg, deine eigenen und die von anderen (ohne die Auflösung von Störungen wird Wachstum erschwert oder verhindert).

-- > Hilfsregeln

-
Vertritt dich selbst in deinen Aussagen: Sprich per "Ich" und nicht per "Wir" oder per "Man".
- Mache Aussagen statt Fragen zu stellen. Wenn du eine Frage stellst, sage warum du fragst und was deine Frage für dich bedeutet.
- Sei authentisch und selektiv in deinen Kommunikationen. Mache dir bewusst, was du denkst und fühlst und wähle, was du sagst und tust.
- Halte dich mit Interpretationen von anderen so lange wie möglich zurück. Sprich statt dessen deine persönlichen Reaktionen aus.
- Sei zurückhaltend mit Verallgemeinerungen.Beachte deine Körpersignale.
- Seitengespräche haben Vorrang. Sie stören und sind meist wichtig. Sie würden nicht geschehen, wenn sie nicht wichtig wären.
- Nur eineR zur gleichen Zeit bitte. Wenn mehr als einer gleichzeitig sprechen will, verständigt euch in Stichworten darüber, was ihr zu sprechen beabsichtigt.

-- > Interaktionen

In einer Gruppe geht es um die Balance der drei Elemente.

Es:
das Thema, die Aufgabe
Ich:
die Person mit ihren Interessen, Wünschen, Bedürfnissen, Motiven
Wir:
das Miteinander

Die Elemente sind eingebettet in ihr Umfeld, den Globe. Dieses Umfeld ist mitbestimmend auf die Ausprägung der drei Elemente.

Der Mensch als subjektiver Theoretiker

Ein wichtiger Hintergrund von KoBeSu ist die Annahme, dass wir alle unser Leben mit subjektiven Theorien gestalten. Das bedeutet, dass wir allem und jedem Bedeutungen und Erklärungen zuweisen, die aus uns selber entstehen. Wir greifen dazu auf alle unsere Erfahrungen und Deutungen dieser Erfahrungen zurück.

Eine Änderung in unserem Verhalten entsteht durch Veränderung der subjektiven Theorien. Subjektiven Theorien sind - beim Kleinkind, wie beim alten Menschen - grundsätzlich aus der Sicht der Denkenden stimmig. Sie werden jedoch manchmal als belastend erlebt.

Hier setzt KoBeSu an: Belastende subjektive Theorien sollen verändert werden. Dazu trägt in einer ersten Phase ein ausführliches Erzählen der belastenden Situation bei, was bereits zu einem intensiven Nachdenken führt. Manchmal reicht dieses Klarwerden bereits für eine Veränderung.

In einer zweiten Phase werden die subjektiven Theorien dann mittels kreativer Interventionen überprüft. Ratschläge und Tipps werden tunlichst vermieden, weil dies nicht zu einer wirklichen Veränderung der subjektiven Theorien führt.

Für KoBeSu wird davon ausgegangen, dass alle Menschen grundsätzliche Fähigkeiten mitbringen, welche im Rahmen einer Beratung gefördert werden sollen. Diese Fähigkeiten sind Teil der jeweiligen subjektiven Wirklichkeiten der beteiligten Menschen.

Fähigkeit zur Autonomie
„Ich entscheide selbst.“

Fähigkeit zur Rationalität
„Ich handele subjektiv sinnvoll und planvoll.“

Fähigkeit zur Reflexivität
„Ich denke über mich nach und bin Experte meiner selbst.“

Fähigkeit zur Kommunikation
„Ich erkläre mich den anderen und dadurch auch mir selbst.“

Es gibt förderliche Vorgehen in KoBeSu, welche diese Fähigkeiten stützen:

Rollenwechsel
Während einer Beratung bin ich Leitende, ein anderes Mal kann ich ratsuchende Person, ein weiteres Mal einfach zuhörendes und mitgestaltendes Mitglied der Gruppe sein.

Methodisches Vorgehen wird miteinander abgestimmt
Unter der Leitung der Chairperson werden die methodischen Vorgehen konsequent miteinander geklärt.

Kenntnis der Regeln und Kompetenzen
Die beteiligten Personen kennen die Regeln und Kompetenzen des Verfahrens und können sie situationsgerecht einsetzen.

Gesprächsfertigkeiten

Wichtig für KoBeSu sind kommunikative Fähigkeiten. Ein grundlegendes Verständnis von bekannten Kommunikationstheorien wird vorausgesetzt (Watzlawick, Schulz von Thun).

Geübt werden sollen jedoch vor allem folgende Gesprächsfertigkeiten:

Rezeptionssignale

Rezeptionssignale sind Gesten und Handlungen, die ohne Worte zeigen, dass zugehört wird: „Mhmmm“, „Aha“, Kopfnicken, ...

Paraphrasieren: Inhaltliche Rückmeldung

Mit Paraphrasieren wird eine sinngemässe Wiederholung eines Beitrags in einem Gespräch verstanden. Es wird von einfachem und von gliederndem oder strukturierendem Paraphrasieren gesprochen. Paraphrasieren hat das Ziel Verständnis und Wertschätzung zwischen den GesprächsteilnehmerInnen zu fördern.

Paraphrasieren ist eine Rückversicherung des Zuhörenden dafür, ob er den Sachinhalt richtig verstanden hat – gleichzeitig ist es für den Erzählenden eine Empfangsbestätigung, dass die andere Person den Sachinhalt verstanden hat. Paraphrasieren kann den Erzählenden für das weitere Gespräch ermuntern – ggf. kann ein Missverständnis korrigiert werden.

Reflektieren: Emotionale Rückmeldung

Reflektieren (bei einigen Autoren auch Spiegeln genannt) ist eine Art Empfangsbestätigung dafür, dass die Zuhörende das Geäusserte in seiner emotionalen Bedeutung erkannt hat.

Parallelitätsannahme

Die zwei Hauptphasen von KoBeSu
- Sicherheit und Vertrauen
- Skepsis und Konfrontation
haben ihre Entsprechung in wissenschaftlicher Arbeit.

Wissenschaftler bekommen
1. Viel Unterstützung (Zeit, Geld, Betreuung, ...) und werden danach als
2. mit Skepsis und Kritik konfrontiert.

Diese zwei Elemente erscheinen im KoBeSu-Verlauf in sehr geraffter Form. Die beiden Hauptphasen sind also Entsprechungen der beiden wissenschaftlichen Merkmale.