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Lern-Chreoden und Driftzonen

Lern - Chreoden

Am besten beschreibe ich einige Lern – Chreoden, wie sie im Alltag aussehen könnten:Ich kann das nur, wenn ich Bilder sehe!
--> Das schaffe ich nicht! Dafür bin ich zu alt!
--> Ich habe noch nie singen können!
--> So kann der das doch nicht "bringen"!
--> Was soll das wieder heissen? Tun? Das verstehe ich nicht!
--> Mit Sprache umzugehen? Kein Problem!
-->Immer diese Fremdwörter, da komm ich nicht mit!


Lern – Chreoden sind also Aussagen, Gefühle, die Bezug nehmen auf etwa, das gelernt werden sollte. Es sind Lernkonstrukte, die oft in der eigenen Biografie begründet sind. Lern – Chreoden sind die sich selber konstruierten Lernstile und Ansichten zum eigenen Lernen.

Jedes Bildungsangebot wird von den Menschen auf die eigenen Möglichkeiten mit dem Angebot umzugehen geprüft. Hier kommen die Lern – Chreoden zum Zuge.

Es gibt anschlussfähige und schwer anschlussfähige Lern – Chreoden. Damit ein Angebot anschlussfähig ist, muss es für den Lernenden als nützlich und bearbeitbar erscheinen. Es muss viabel sein. Die ersten Gefühle und Gedanken bei einem neuen Lernangebot werden Torhüter – Chreoden genannt.

Ich- Wir- Es- Chreoden

In Anlehnung an TZI gibt es eine Unterscheidung in Ich-, Wir, und Sach – Chreoden.

Die Ich – Chreoden beziehen sich auf das eigene Lernen, auf die eigenen Lernerfahrungen. Wir- und Es- Chreoden sind häufig auch Ich – Chreoden.

Die Wir – Chreoden beziehen sich auf die Lerngruppe und auf die eigene Rolle in der Gruppe.

Die Sach – Chreoden beziehen sich auf die Sache. Es wird geprüft, wie relevant, viabel, anschlussfähig usw. der Lerngegenstand ist. Die Themen werden schnell nach ihrer subjektiv wahrnehmbaren Nützlichkeit abgetastet.

Lern – Chreoden reflektieren

Unsere Lernfähigkeit ist von unseren Lernkonstrukten, von den Lern – Chreoden abhängig. Das bedeutet, dass eine biografische Lernreflexion wichtig ist für den Abbau von Lernblockaden und damit für die Verbesserung unserer Lernfähigkeit. Die biografische Lernreflexion kann helfen, hindernde Chreoden zu verstehen und sie neu zu konstruieren.

Driftzonen

Damit wird die Zone zwischen Bekanntem und anschlussfähigem Neuem beim Lernen beschrieben. In den Driftzonen ist Lernen möglich. Sind Inhalte ausserhalb der Driftzone der Lernenden, kommen die abwehrenden Chreoden zum Zuge.

Beim Lehren müsste es für die Lehrenden/Leitenden wichtig sein, die Driftzonen der Lernenden zu erfragen, Räume zu schaffen sie bewusst zu machen oder auch durch gute Beobachtungen die Driftzonen der Lernenden zu spüren.

Es ist immer wieder auch zu fragen, ob die Chreoden und Konstrukte der Lehrenden von den Lernenden aufgenommen werden kann. Teilnehmende, die ausserhalb der Driftzone bleiben, werden wenig lernen.

Eine Geschichte zum vertieften Verständnis

Arnold/Siebert nehmen in ihrem Buch Bezug auf das gerade Gelesene:

Was haben Sie gedacht, als Sie die Überschrift lasen: "Chreode"? Was ist das nun wieder? Warum müssen die Autoren immer solche neuen, unverständlichen Begroffe konstruieren? – Oder: Das klingt ja interessant! Ich bin gespannt, was dahintersteckt.

Haben Sie eher animiert oder eher widerwillig begonnen, dieses Kapitel zu lesen? ... Gab es Passagen, die Sie besonders aufmerksam gelesen haben? ...

Möglicherweise haben Sie gedacht: Ja, es könnte sich lohnen über das "Driften" weiter nachzudenken. Oder: Im Grunde genommen viel Lärm um nichts. Das war doch alles schon bekannt. Oder: Diese Theoretiker von den Universitäten. Immer denken sie sich irgendetwas aus, um ihre Bücher zu schreiben.



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Übersicht Konstruktivismus

Alle Themen von Konstruktivismus  
1 Evolution ist selbstorganisiert
2 Lernen durch Koevolution
3 Systemtheorie
4 Viabilität des Wissens
5 Kontingenz und Zirkularität
6 Gedächtnis und Erinnerung
7 Wissen
8 Perturbation - Krise - Reframing
9 Toleranz und Verantwortung
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